Axel Quandt
Axel Quandt (Mobbing-Seminare bei Praktiker-Seminare GbR (03.07.2008):
" Mobbing - Man weiß nie, ob die Toten einen noch hören können !"
"Mobbing am Arbeitsplatz" gehört zu denjenigen Problemen in unserer Gesellschaft, die mit am meisten menschliches Leid verursachen. In unseren Seminaren (vgl. http://www.praktiker-seminare.com) befassen wir uns seit Jahren intensiv mit diesem gesellschaftlichen und betrieblichen Krebsgeschwür.
Das gezielte Ausgrenzen und Verächtlichmachen des Opfers führt zur Verunsicherung und Verzweiflung. Das Opfer ist i.d.R. mit dem Problem überfordert; gescheiterte Bewältigungsversuche und Fehlreaktionen sind die häufige Folge. Dies wiederum nutzen Mobber aus, um die Isolierung und Verunglimpfung des Opfers voranzutreiben. So entsteht ein Teufelskreislauf, an dessen Ende schlimmstenfalls eine absolute Vereinsamung des Opfers steht, vergleichbar einer Brandmarkung. Auch die sogenannten "Möglichmacher" (Kollegen, die sich ängstlich vom Opfer distanzieren bzw. ihre Hilfe verweigern und dies -mehr unbewußt- vor sich selbst damit rechtfertigen, daß sie das Opfer auch ihrerseits ohnehin nicht leiden können) spielen eine verhängnisvolle Rolle.
Mobbing ist in aller Munde; auch wird der Begriff manchmal leichtfertig (oder sogar mißbräuchlich) verwendet. Trotzdem: Die tatsächlichen Mobbingfälle nehmen zu. Das Ausmaß des Mobbingleids wird noch immer unterschätzt. Rechnet man die Ergebnisse der Leymann-Studie (die m.E. nach zuverlässigste bisher erstellte Studie -aus Schweden- über mobbingbedingten Selbstmord) auf die vergleichbaren deutschen Verhältnisse hoch, dann haben wir in Deutschland jährlich mindestens 2000 (eher deutlich mehr) mobbingbedingte Selbstmorde zu verzeichnen. Viele Hunderttausende sind von Mobbing betroffen. Mobbing ist bei weitem nicht nur eine besonders schlimme Form des "Anpöbelns" (aus dem Englichen "to mob" -der Begriff ist eigentlich unglücklich gewählt-), sondern ein rechtswidriger Angriff auf die soziale Existenz des Opfers; nicht selten endet Mobbing mit Selbstmord und damit mit der Auslöschung sogar der biologischen Existenz des Betroffenen.
Gesellschaftliche Aktivitäten, die u.a. auch zu mehr Sensibelität im Umgang mit dem Problem führen und Hilfestellungen geben, sind daher unbedingt notwendig und zu unterstützen.
Mobbing-Web.de steht hier sehr beispielhaft für wichtiges und notwendiges Engagement.
Ein Hauptangriffspunkt (eine lohnende "Chance") für Mobber ist oft eine gutgläubige Unbedarftheit (in irgendeiner Form - manchmal vordergründig kaum erkennbar) beim Mobbing-Gefährdeten im Vorfeld des späteren Mobbingkonflikts. Das sind zwar durchaus keine unsympathischen Eigenschaften, will man aber vermeiden zum Opfer zu werden, muss man daran arbeiten und sein Verhalten überdenken. Dies ist zumindest so lange gültig, so lange es Mobber und Mobber-Persönlichkeiten gibt - und Umstände, die die Entwicklung solcher "Persönlichkeiten" begünstigen. Später, wenn das Mobbing fortschreitet, liegt eines der Hauptschwierigkeiten des Mobbingopfers im "Kreisdenken" (aufzehrendes hektisch-verzweifeltes Dauergrübeln ohne effiziente Situationsanalyse und Zielorientierung), in dem es gefangen ist. Eine menschlich verständliche und erklärbare Überforderungsreaktion. Es führt, in einem Wechsel zwischen hilflos-hektischem Aktionismus einerseits und dumpfer resignierender Apathie andererseits, dazu, dass viele Fehler gemacht werden, bspw. falsche Fronten aufgebaut werden, und konstruktive Gegentaktiken nicht genügend in das Gesichtsfeld rücken.
Die Isolation des Opfers (strategisches Ziel des Mobbers) wird dadurch sehr begünstigt. Beide, Mobbing-Gefährdete und Mobbingopfer, benötigen daher Hilfe und Rat - und zwar mitunter auch recht akzentuiert (Seminarsituationen können dabei hilfreich sein). Und nicht immer nehmen die Opfer alle Hinweise und Informationen über die Mobbingzusammenhänge spontan mit grosser Sympathie entgegen. Es ist mitunter ein hartes Ringen. Das ist aber nicht tragisch - es ist menschlich - und es ist notwendig. Helfer (seien es nun Betriebsratsmitglieder etc., Seminarleiter oder sonstige kompetente Helfer) dürfen hier nicht "den leichten Weg" gehen. Wir müssen den Opfern helfen, so lange sie noch leben, ggf. auch mit einem gewissen Nachdruck. Nach einem "gelungenen" Selbstmord ist das nicht mehr möglich; dann können auch Worte nichts mehr bewirken. Und falls doch, dann müssen sie wohl recht laut gesprochen werden:
Man weiss nie, ob die Toten einen noch hören können.
Axel Quandt